EWZ auf der Aquavitae

Da ich nun endlich die Muße zu einem kleinen Artikel finde, möchte ich die Clubmitglieder des EWZ mit einem durch unsere persönlichen Erlebnisse gefärbten Erfahrungsbericht an unseren Eindrücken von der Aquavitae in Essen teilhaben lassen. Wohlwissend, daß jedes Clubmitglied andere Schwerpunkte bei der Verteilung seiner Gunst gesetzt hätte, erwarte ich keine Gefolgschaft bezüglich der von uns ausgewählten Stände und Proben. Vielleicht lassen sich aber Stimmung und Grundcharakter der Messe transportieren.

Zugleich möchte ich den Organisatoren der Aquavitae zu einer rundum gelungenen Veranstaltung gratulieren und mich auch im Namen meiner mich begleitenden Eltern und Freundin auf das Herzlichste bei allen Ausstellern für die informativen Gespräche sowie die schier endlos scheinenden Inspirationen bedanken. Hoffentlich war es für Sie alle ein ebenso lohnender Besuch im Ruhrgebiet wie für uns Besucher, mit einer an die Messe anschließenden stau- und unfallfreien Rückreise in die entlegensten Winkel der Republik.

Familiär ging’s zu, gut besucht, aber zumindest am Sonntag nicht allzu arg überlaufen, so daß man nicht ständig wie auf anderen Messen einen Rucksack in die Seite bekam. Freundlich und auskunftsbereit präsentierten sich die Aussteller, durchaus rücksichtsvoll und disukussionsbereit die meisten Besucher. Da verwundert’s nicht, mit dem ein oder anderen Bekannten der diversen Whisky-Foren ins Gespräch gekommen zu sein. Die Preise für die angebotenen Proben waren angemessen bis günstig, manche Liköre, Brände und Geiste wurden gar kostenlos ausgeschenkt, anderes gab’s bereits für einen, Malt Whisky vielfach von zwei bis vier Euro, ganze Flaschen oft zum gegenüber dem handelsüblichen Angebot reduzierten Messepreis. Ohne die verlockenden Raritäten hätte es also richtig preiswert sein können.

Doch der Reihe nach. Als einem in Wattenscheid-Leithe Geborenen und erst seit dem Studium in Köln Wohnenden geht mir natürlich das Herz auf, wenn ich auf Zeche Zollverein von den Ruhrpott-Pipers stilecht mit dem Steigerlied empfangen werde. So war es vermutlich kein Wunder, daß der erste Stand, an dem ich mit meinen drei Begleitern hängen blieb, der des im Wattenscheider Bahnhof beheimateten Charivari war. War’s alte Verbundenheit, der im Cognacfaß gereifte Glenfarclas meines Geburtsjahrgangs 1967 oder der mit dem 2006 auf die Flasche gezogenen Strathisla 1954 G&M älteste Dram den ich je (bisher) ins Glas nahm, was mich von meiner eisernen Absicht abbrachte, mir zunächst einen groben Überblick über die Exponate zu verschaffen, mich statt dessen direkt gefangen nahm und in die Verkostung eintauchen ließ?

Auch der dort empfohlene Glenrothes 28 1979 DL Old Malt Cask Sherryfinish trank sich gut, ebenso der Glenfarclas 40 OA, der Longrow 11 Red Cabernet Sauvignon von Wm. Cadenhead, die am Stand von Giffard dargebotenen erstklassigen Rums wie Clément Cuvée Hômere und Vieux X.O. sowie ein Menthe-Pastille, der in meiner bekanntlich aus Frankreich stammenden Freundin Kindheitserinnerungen an die Lutschpastillen ihres Großvaters weckte.

So widmeten sich unsere Damen vor allem den Likören und Geisten von Thomas Helferich (Basilikum, Erdbeer-Panna Cotta, der Maracuja-Chili-Likör wurde direkt eingepackt, die anderen demnächst geordert), den Produkten der Edelbrennerei Dirker (Rhabarber, Karamel, Garten-Himbeere und Himbeer-Orange wurden gleich bestellt und bereits am Mittwoch geliefert) sowie den Bränden von Gansloser. Brände? Da brannte gar nichts, noch nie ein so seidenweiches und aromatisches Kirschwasser probiert.

Eine der Entdeckungen des Tages war der auf einem neunjährigen Panama basierende Romy Orange Rumlikör, von Helferich exklusiv für Rolf Kaspar abgefüllt, mit seinen Aromen nach Orange und Kokosnuß – gefährlich süffig und ja, durchaus süß.

Aber ich will gar nicht jeden einzelnen verkosteten Dram auflisten, da mag jeder bei seinem Besuch eigene Prioritäten setzen. Die Auswahl war jedenfalls groß genug, um verwöhnten Gaumen zu schmeicheln oder an Basics Interessierte zu befriedigen. Mein Fokus lag am Sonntag eher auf Raritäten und Exklusivem. Schön zudem, die ein oder andere gut gelungene Abfüllung des Whiskykanzlers probiert zu haben: neben zwei Pedro-Ximenez-Glendronachs tat es mir vor allem der im Glenfarclas-Sherryfaß nachgelagerte ZDFbeg an, gegen den die OAs Galileo und Day geradezu verblaßten.

Zum Glück ließen sich Probenfläschchen abfüllen. Mal sehen, was die moderat bepreiste Manager’s Choice des Clynelish kann. Whisky-Doris hatte für ihre Eigenabfüllungen sogar bereits Etiketten vorbereitet; bin schon gespannt auf Bunnahabhain 35 1976 Sherry, Tamdhu 25 1984 und Bowmore 14 1998.

Schade wenn auch nicht überraschend, daß der Adelphi-Stand so umlagert war. Am den Whiskies zugeteilten Bereich knubbelte es sich, während der Merchandising-Bereich deutlich freier war. Vielleicht lassen sich die Whiskies künftig etwas entzerren, der im Portweinfaß gefinishte Blend Private Stock ist nämlich ebenso einen Versuch wert wie sein Bruder mit 54,2% und die Malts – so man denn heran kommt. Aber ich denke, wir sehen uns im kommenden Jahr erenut zu einem Tasting beim EWZ, so daß es nicht beim geradezu göttlichen faßstarken Macallan 14 1997 Sherry bleiben wird.

Vielleicht lassen sich ja auch Tom-OB (danke für den Plausch am Adelphi-Stand), Jörg Kalinke von Giffard (Clément) und Whisky-Doris als Gastredner gewinnen, falls sich die weite Anreise für sie lohnt, unsere Clubmitglieder und mich würd’s freuen. Für Werner Hertwig, den Whiskykanzler, ist’s leider, aber verständlicherweise aus Berlin zu weit.

Ach ja, stimmt, Catering gab es auch. Doch wer hat dazu schon Zeit angesichts der flüssigen Nahrung. War vielleicht ganz gut, daß der Haggis-Burger bereits am Samstag ausverkauft war. Na gut, zu einer Baileys-Toblerone-Mousse für den Rückweg reichte es dann doch.

Fazit: nächstes Jahr sind wir zwei Tage auf der Messe, sonst schafft man ja allenfalls die Hälfte aller angebotenen Proben.

Dann allerdings in neuer Lokalität, nämlich der Stadthalle Mülheim/Ruhr und am 12./13. Oktober.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Mal:

Glück auf, Glück auf, der Verkoster kommt.
Und er hat seinen Spiegelau Snifter dabei, ja er hat seinen Spiegelau Snifter dabei
Gefüllt mit Maaaaalt, gefüllt mit Malt.

Die Whisky-Leut sein’s kreuzbrave Leut,
Denn sie nehmen den Kumpel unter’m Arm bei der Nacht, und sie tragen den Kumpel dann nach Haus‘ bei der Nacht,
Und saufen Schnaaaaaps, und saufen Schnaps.

Die Webseite der Aquavitae.

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